Ein Nieseltag

Kraftlos wälze ich mich in meinem Bett herum. Für einen kurzen Moment versuche ich, noch ein letztes bisschen Energie aus meiner energieraubenden Nacht zu ziehen. Klappt nicht.

Es gibt nichts Schöneres als morgens das Fenster zu öffnen und inmitten warmer Sonnenstrahlen zu stehen. Das weiß ich. Das habe ich schon oft erlebt. Dann ist es egal, ob ich gut oder schlecht geschlafen habe, acht oder zwei Stunden, allein oder zu zweit. Die Sonnenstrahlen, die mit einem Knall auf der Haut aufkommen, verpassen dem Menschen den ultimativen Vitamin-D-Energy-Kick, der das Herz schneller schlagen und die Mundwinkel nach oben wandern lässt.

Heute nieselt es.

Es ist ein Nieselmorgen, ein Nieseltag. Ein mieser Tag.

Aber ich sollte gut drauf sein. Diese vielversprechende Dankbarkeitsübung machen, von der alle reden. Mir drei Dinge überlegen, für die ich dankbar bin – mein Bett, meine Jalousien und warme Socken. Toll.

Ein Mensch, der Dankbarkeitsübungen am Morgen macht, der muss auch Yoga machen. So will es das Gesetz.

Ich mache Yoga.

Yoga gibt mir Hoffnung. Ich mache also Yoga. Ich mache so sehr Yoga, dass meine Schultern knacken. Meine Hüften und Füße stimmen ein in diese Knack-Sinfonie junger Knochen. Yogamachen. Ich gebe alles. Ich wechsle von einer Pose in die nächste. Hund, Katze, Kuh, Fisch, Krähe – nach kurzer Zeit tummelt sich ein ganzer Zoo in meinem Wohnzimmer.

Abschlussposition: Die Leiche. Charmant. Aber damit kann ich mich zumindest identifizieren. Mit einem letzten tiefen Atemzug schicke ich die Tiere nachhause. Hier gehören sie nicht hin. Sie müssen nach draußen, im Niesel spielen. Planschen in Luftpfützen, die sich darauf vorbereiten später aufzubrechen und uns mit Wasser zu überschütten. Wolken, nennt man sie.

Heute nieselt es.

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